Cinemagraphs in der Außenwerbung: Doping fürs Standbild

Im Social Web sind Cinemagraphs schon der Renner. Für DOOH wären die animierten Standbilder eigentlich ideal – doch der Durchbruch lässt noch auf sich warten.

Okay, der halb geöffnete Mund, der fixierende Blick und der laszive Augenaufschlag – das wirkt noch ein bisschen bemüht, aber aufmerksamkeitsstark ist es: Als einer der wenigen Werbungtreibenden hat das niederländische Label Scotch & Soda verstanden – alles kommt mal wieder. In der Mode genau so wie offenbar in der Technologie. Hießen die kurzen Videosequenzen früher GIFs, so feiern sie nun als Cinemagramme oder auch Cinemagraphs ihr Comeback. Und genau wie in der Mode unterscheidet sich hier die Neuauflage vom Original in einigen wesentlichen Nuancen: GIFS – das sind letztlich Einzelbilder, die in schneller Abfolge hintereinander abgespielt werden, kurze Videosequenzen also. Cinemagramme wiederum sind Standbilder, bei denen nur einzelne Teilausschnitte animiert sind. Diese Mischung aus Foto und Video in einem Format lässt den Betrachter hinschauen. Zwei Medien in einem – das macht natürlich neugierig.

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Und so überrascht es nicht, dass diese Cinemagramme gerade ihren Siegeszug durchs Web bzw. Social Web antreten. Ebenso wenig, dass Werbungtreibende auf den Zug aufspringen. Der Fachdienst adzine berichtet etwa davon, dass Marken wie Coca-Cola, Budweiser und auch CNN die Technik bereits für sich nutzen. Weil sich die animierten Bilder schnell und unkompliziert von Nutzern teilen lassen, verwundert das Seeding in den sozialen Netzen keineswegs. In der Wirkung (beispielsweise beim Engagement) sind sie den herkömmlichen Werbemitteln deutlich überlegen, wie amerikanische Studien belegten.

In der digitalen Außenwerbung sind Cinemagraphs noch ein Hidden Champion

Umso überraschender allerdings, dass die Cinemagramme im DOOH noch ein reines Nischenthema sind. Schon allein wegen der Größe und Opulenz der Darstellung käme der aufmerksamkeitsstarke Effekt hier schließlich besonders zu tragen. „Das ist eher noch ein Hidden Champion und noch längt nicht Mainstream“, bestätigt Frauke Bank, Leiterin Unternehmenskommunikation der Wall AG. Gerade mal zehn Prozent des Auftragsvolumens der Wall-Abteilung Motion Design, in der die Produktion der animierten Motive gebündelt ist, würden die Cinemagramme aktuell ausmachen. Dabei, so sieht man das auch bei dem Außenwerbe-Schwergewicht, sei die Technik für die Einsatz im Bereich DOOH eigentlich optimal. Vor allem für trendbewusste Branchen wie Mode eben.

Doch das Interesse an dem Thema wächst. Die Dienstleisterszene formiert sich bereits – und erkennt ein Geschäftsmodell von morgen. Der in Berlin ansässige Anbieter Gallereplay etwa will seine Stock-Cinemagramme künftig nicht nur für Social Media, Blogs, Newsletter etc. anbieten, sondern eben auch explizit für die Außenwerbung. Wer in dem Fundus nichts nach seinen Wünschen findet, für den bietet das Unternehmen individuelle Produktionen. Die Kosten liegen hier zwischen 1.000 und 10.000 Euro – abhängig von den individuellen Anforderungen des Auftraggebers. „England ist hier auf jeden Fall schon ein Schritt weiter. Der Einsatz von Cinemagraphs in der digitalen Außenwerbung ist dort nichts Außergewöhnliches mehr“, so Gallerplay-Gründer Marco Woldt. Noch jedoch ist eine Kampagne wie etwa die von Scotch & Soda hierzulande die Ausnahme – mal sehen, wie lange noch.