Die Studie „Public & Private Screens 2016/2017“ liefert erstmals einen umfassenden Überblick zum digitalen Out of Home Markt. Wir haben Branchenexperten gefragt, wie sie die Ergebnisse einordnen und was das für den Planungsalltag bedeutet. Die Antworten der Experten-Umfrage lassen aufhorchen.
Welche Studienergebnisse haben Sie am meisten überrascht?
Christian Kaeßmann, Geschäftsführung PLAN Mediaagentur:
Mehr als die Ergebnisse hat uns der aufwändige Studienansatz überrascht. Die Public & Private Screens ist keine Studie, wie wir Sie von anderen Vermarktungsinitiativen her kennen, die im Grunde nur die Wirksamkeit Ihrer Gattung auf teils fragwürdige Art und Weise positiv herausarbeiten. Durch die Zusammenarbeit mit der GfK und mit Anna-Maria Deisenberg als renommierter Forschungsleiterin ist eine echte Mediastudie entstanden. Mit den vorliegenden Daten lassen sich repräsentative Aussagen zur Reichweite von DOOH-Angeboten nach unterschiedlichen Touchpoints und für frei definierbare Zielgruppen treffen. Dass „ganz nebenher“ noch beeindruckende, detaillierte Ergebnisse zur Nutzung von Smartphones, ebenfalls nach Zielgruppen und Touchpoints frei auswertbar, mitgeliefert werden, ist fast schon eine Revolution in der Mediaforschung. Bislang konnte uns diese Informationen noch kein Anbieter von Mobile Advertising liefern… Alles in Allem ist das großes Markt-/Mediaforschungs-Kino!
Evelyn Lüttgens, Geschäftsführerin pilot, Hamburg:

Die enorme Reichweite von DooH ist beachtlich: Pro Woche generieren alle Screens zusammen fast 470 Mio. Bruttokontakte – und das entspricht bereits dem Niveau von einer Wochenbelegung aller Tageszeitungen und ist halb so hoch wie die maximale Kontaktzahl für Radio. Innerhalb von einer Woche werden fast 60 Prozent aller Personen (14 Jahre plus) und ca. 75 Prozent aller 14- bis 29-jährigen mit DooH erreicht! Betrachtet man die einzelnen DooH-Touchpoints, dann generieren die Shopping-Center mit knapp 90 Millionen Bruttokontakten die höchsten Reichweiten – gefolgt vom ÖPNV (knapp 63 Mio.). Mit über 10,5 Millionen liegen Fitness-Center weit vor Wartezimmern und Apotheken (6,6 Mio.). Die Studie beweist, dass DooH ein relevanter Kanal zur Ansprache mobiler Zielgruppen ist. Und das spiegelt sich auch bei einem Blick auf die Nielsen-Spendings wider: Der Anteil der DooH-Mediainvestments an den gesamten OoH-Spendings steigt kontinuierlich und konnte im vierten Quartal 2016 sogar 20 Prozent für sich verbuchen.
Markus Neimeke, Leiter Planung, planus media:
Die Hohe Nutzung von “adult” Seiten außer Haus bzw. bei der Arbeit – 40 Prozent der Seitenbesucher machen dies anscheinend Out of Home! Nein im Ernst, im Grunde sind die hohen Reichweiten nicht unbedingt überraschend, sondern eine Bestätigung unserer Annahme. Es sollte jedoch beachtet werden, dass bei einer DOOH-Kampagne nie alle Screens belegt werden. Es werden je nach Zielgruppe nur die passenden Kanäle oder Regionen selektiert, weswegen sich die DOOH-Reichweite bei einzelnen Kampagnen relativiert.
Wo sehen Sie signifikante Entwicklungen für DOOH?
Christian Kaeßmann, Geschäftsführung PLAN Mediaagentur:
Die Gattung wird einen rapiden Aufschwung erleben. Der technische Fortschritt im Bau von digitalen Displays schreitet unaufhaltsam voran. Mit sinkenden Anschaffungskosten der Screens für die Betreiber mit immer intelligenteren CMS-Systemen im Hintergrund wird das Medium aus Sicht derer, die gar nicht an Werbung, sondern an relevante Kundeninformationen denken, immer relevanter. Somit ergeben sich zeitnah immer mehr Möglichkeiten für Werbungtreibende, ihre Botschaften „einzustreuen“. Wichtig wäre nur, dass die heutigen Anbieter bald erkennen, dass möglichst frühzeitig eine übergeordnete Vermarktung erforderlich wird. Das Nebeneinander von vielen kleinen, teils noch recht unprofessionell agierenden Anbietern wird dazu führen, dass Mediaplaner, die sich nicht tagtäglich mit OOH beschäftigen, die Gattung insgesamt nicht ins Relevant Set aufnehmen und schlimmstenfalls unter „Ambient“ verbuchen.
Evelyn Lüttgens, Geschäftsführerin pilot, Hamburg:
Die Erfassung sämtlicher buchbaren DooH Medien mit ihren statischen Daten könnte die Basis für eine automatisierte Buchung und Aussteuerung sein: Medien, Netzgrößen, Einblendungen, Ausspielungen, Buchungsmechanismen, Kontaktleistungen etc. liegen jetzt vor – in Verbindung mit den zu schaffenden technischen Gegebenheiten ein erster Schritt in Richtung Automatisierung. Im nächsten Step sehen wir dann die Ergänzung „echter“ Kontaktleistungen mit Hilfe neuer integrierter Technologien wie zum Beispiel Beacons oder Face Recognition. Damit erfahren wir wirklich, wer wann welchen Werbemittelkontakt hat. Und dann sprechen wir auch über „near Realtime“-Einkauf und -Kommunikation.
Markus Neimeke, Leiter Planung, planus media:

Alles spricht über programmatischen Einkauf, wobei es sich hier jedoch derzeit nur um eine, sagen wir es einmal so, halbautomatisierte Motivaussteuerung handelt. Ein programmatischer Einkauf vergleichbar zu Online, wird entgegen vielfältiger Behauptungen noch nicht angeboten. Hier müssen die Kampagnendetails alle vorab wie üblich verhandelt und teilweise zusätzlich und umständlich in Buchungsmasken eingetragen werden. Hier liegt noch ein gutes Stück Arbeit vor allen Marktteilnehmern. Momentan hat uns die DOOHRY Datenbank stark bei der Homogenisierung des Marktes weitergebracht, und es ist erfreulich, dass viele Anbieter darin ihre Werbeträger einstellen. Derzeit läuft der Release des Planungsprogrammes „doohry Planning“, dadurch erwarten wir eine deutliche Vereinfachung des gesamten Planungsprozesses.
Welche Aussagen aus der Studie sind für Sie in der täglichen Arbeit besonders relevant?
Christian Kaeßmann, Geschäftsführung PLAN Mediaagentur:

Beim PLAN arbeiten wir nicht auf der Detailplanungsebene im Bereich der Außenwerbung. Dafür haben wir feste Partner, die dies für uns tun. Wir konzentrieren uns in der Anwendung der Daten daher primär auf strategische Ableitungen, um unseren Kunden die Sinnhaftigkeit der Gattung als solcher im Rahmen Ihrer Kommunikationsplanung zu vermitteln – sofern eben diese Sinnhaftigkeit tatsächlich gegeben ist. Die Public & Private Screens ist für uns daher eine wirklich hilfreiche Ergänzung zur best4planning, da diese aufgrund des oben beschriebenen tiefgründigen Forschungsansatzes in der Tiefe teilweise nicht mithalten kann.
Evelyn Lüttgens, Geschäftsführerin pilot, Hamburg:
Wir haben es mit einer Vielzahl unterschiedlichster DooH-Medien zu tun: Von einzeln buchbaren Videoboards auf der Straße bis hin zu Netzmedien am POS; in Summe sind über 11.000 Screens erfasst, die jeweils sehr verschiedene Aussteuerungsmöglichkeiten, Buchungsmodalitäten und Leistungsparameter mit sich bringen. Mit Hilfe der Studie sind nun Leistungswerte auf Touchpoint-Ebene nach Wochentagen und Zeitschienen auf nationaler sowie regionaler Ebene auswertbar – und das auch für unterschiedliche Zielgruppen. Fragestellungen, wie „Wann sind welche Potenziale wo am besten anzutreffen?“ können damit beantwortet werden. Als Leistungsgrundlage weist die Studie nicht nur Bruttokontakte, sondern planbare Netto-Reichweiten, GRP und OTS auf Basis der Werbeträger (70 Medien/Vermarkter) und sogar für 28 Medien/Vermarkter auf Werbemittelebene aus. Und das ist ein großer Schritt in Richtung Vergleichbarkeit und Standardisierung! Die Nutzung verschiedener Touchpoints nach Zielgruppen ist aus Media-Sicht keine Bauchentscheidung, sie kann mit Hilfe der Studie quantifiziert werden: Die DOOHRY-Datenbank ermöglicht eine zielgruppengenaue Selektion von digitalen Werbeflächenstandorten und für die Planung können zahlreiche Kriterien wie beispielsweise die Screen-Art der Medien oder auch geocodierte Adressdaten einbezogen werden. Für die Zukunft wäre es wünschenswert, dass alle Anbieter von DooH-Medien die DOOHRY-Datenbank befüllen – damit würde die Mediaplanung digitaler Werbeflächen wesentlich erleichtert.
Markus Neimeke, Leiter Planung, planus media:
Ganz klar Leistungswerte auf Werbemittelebene, der Vergleich der Kanäle untereinander und deren Selektion nach den anzusprechenden Zielgruppen. Auch lassen sich Vergleiche zu klassischen OoH Werbeträgern ziehen, die wiederum auch als Entscheidungshilfe zur Werbeträgerauswahl dienen.