Im Dezember erwarb Axel Springer die Mehrheitsbeteiligung am Berliner Start-up Framen. Das Unternehmen wurde 2018 gegründet und betreibt eine technologische Plattform, über die Werbung auf digitalen Außenflächen – zum Beispiel in Fitness-Studios, Hotels und Einkaufszentren – platziert werden kann. Framen hat Zugriff auf über 3.500 Screens in 425 Städten in Deutschland, Tendenz steigend. Denn die Zahl der angebundenen Screens soll in ganz Europa massiv ausgebaut werden. Geplant ist außerdem, über die technologische Plattform künftig nicht nur Werbevideos, sondern auch Inhalte der Medienmarken von Axel Springer auszuspielen, wie etwa die Bundesliga-Highlights aus dem erworbenen DOOH-Rechtepaket. Ein Gespräch mit Dimitri Gärtner, CEO bei Framen (Foto links), und Stefan Mölling, Chief Sales Officer bei Media Impact.
Herr Gärtner, Herr Mölling, der Markt für DOOH-Anbieter ist sehr heterogen und von vielen Anbietern geprägt. Welche Nische hat Framen hier für sich entdeckt
Dimitri Gärtner: Der DOOH-Markt ist derzeit geprägt von der Installation neuer DOOH-Screens anstelle der Vernetzung von Millionen bestehender TV-Geräte in halb-öffentlichen und öffentlichen Bereichen. Mit uns ist die Ausweitung der Reichweite nicht auf flüchtige Kontakte auf der Straße begrenzt, sondern umfasst auch Umgebungen mit hoher Verweildauer beziehungsweise Lean-Back Situations von 30 Minuten bis zu acht Stunden pro Tag.
Können Sie diese Positionierung noch etwas genauer erläutern?
Gärtner: Das Targeting-Potenzial und die Daten über die Zielgruppen in den Locations sind noch lange nicht ausgeschöpft. Hier findet eine tektonische Verschiebung statt, wie man am richtigen Ort, zur richtigen Zeit im richtigen Kontext werben kann.
Wo sehen Sie das größte Wachstumspotenzial?
Gärtner: DOOH ist derzeit noch zu sehr auf die Top-Metropolen fokussiert. Vergleicht man DOOH mit anderen Werbekanälen wie zum Beispiel mit Online-Marketing und TV-Werbung, liegt die Stärke auch im Regionalen: Denn auch dort sind Autofahrer, Familien, Unternehmen, Sportler und Reisende. Framen kann Screens von CoWorking-Spaces in Berlin bis zu Screens in der Kleinstadt vernetzen und so die größte Reichweite Deutschlands aufbauen – das passt zu Axel Springer mit den reichweitenstärksten Marken.
Axel Springer hat kürzlich die Mehrheit an Framen übernommen. Es haben allerdings auch schon andere große Medienunternehmen wie ProSiebenSat.1 oder die Deutsche Telekom Ausflüge in DOOH unternommen und sich dann wieder zurückgezogen. Was macht Sie so sicher, dass bei Ihnen ein Erfolgsmodell entsteht?
Stefan Mölling: Wir sehen in der Akquisition von Framen große Chancen für Axel Springer und unser Vermarktungsgeschäft. Das liegt zuerst natürlich an dem beeindruckenden Produkt, das Dimitri mit seinem Team aufgebaut hat. Wir müssen keine Bushaltestellen kaufen und instand halten, sondern können bereits existierende Screens vermarkten. Zusammen mit Framen werden wir smarte Technologie, spannende Inhalte und unsere geballte Vermarktungs-Power aus einer Hand anbieten und uns so vom Wettbewerb absetzen.
Können in die Vermarktungspakete auch interaktive Elemente integriert werden?
Gärtner: Selbstverständlich. Wir setzen auf besondere Kampagnenwahrnehmung – auf Werben am Point of Experience. Das bedeutet bei uns nicht nur Zugang zu Screens in Locations. Probefahrt im Hotel, Verkostung im Fitnessstudio, Meet-up im CoWorking-Space – Marken können ihre Zielgruppe vor Ort begeistern. Solche Live Marketing-Pakete bieten wir mit unseren Locationpartnern an. DOOH wird somit interaktiv und zum Erlebnismoment für Kunden. Weitere gemeinsame Pläne sind bereits in der Schublade.
Axel Springer hat die Bundesligarechte für DOOH für die kommende Saison erworben. Sehen wir künftig eine Zusammenfassung der Spiele auf Ihren Screens?
Mölling: Genau. Wir werden erstmals Highlights der Bundesliga-Spiele auf den Screens zeigen können. Dazu entwickeln wir exklusive DOOH-Formate, wie zum Beispiel Quizze und Ergebnis-Tipps. Damit schaffen wir nicht nur einen tollen Mehrwert für alle Nutzer, sondern auch ein attraktives Vermarktungsumfeld.
Ist die Ausstrahlung – wie bei DOOH gewohnt – tonlos?
Gärtner: Aktueller Fokus “ja” – das hat der Markt gelernt. Auch in den sozialen Medien sehen wir seit einiger Zeit den Trend, dass bei der Produktion von Inhalten zunehmend auch auf Untertitel gesetzt wird. In Zukunft werden wir mit unserem Ansatz auch in Fitnessstudios, Restaurants und Hotel-Lobbys mit Ton arbeiten können – ein Paukenschlag für DOOH 2.0, was an öffentlichen Plätzen aktuell undenkbar wäre.
Welcher Content aus dem Hause Springer wird sonst noch auf den Screens von Framen zu sehen sein?
Mölling: Wir werden zum Start das gesamte Themenspektrum von „Bild“ und „Welt“ anbieten – von Politik über Wirtschaft und Entertainment bis Sport und Regionalem. Perspektivisch wollen wir das Angebot um weitere Marken erweitern.
Auf welche Resonanz stoßen diese Angebote am Werbemarkt?
Mölling: Framen ist eine reichweitenstarke und innovative Ergänzung unseres Portfolios, mit der wir erstmals alle Vermarktungs-Dimensionen von Print über Digital bis Bewegtbild und DOOH abdecken können. Dieser 360-Grad-Ansatz kommt am Werbemarkt bislang sehr gut an, so dass wir derzeit intensive Gespräche mit Bestands- und auch Neukunden führen.
Noch wird Ihr Geschäft durch die Corona-Krise erschwert – viele Ihrer Screens stehen in Hotels, Hostels oder Einkaufszentren. Wann rechnen Sie mit einer deutlichen Verbesserung der Situation?
Gärtner: Auch in Segmenten wie Apotheken, Lebensmittel-Geschäften, Arztpraxen und Tankstellen – also Corona-sichere Orte – wächst unser Netz stark. Wir erwarten einen kräftigen Schub in Q2, denn anders als im letzten Jahr können sich die Menschen jetzt schon frei bewegen und können es kaum abwarten, das Home-Office endlich zu verlassen. Spätestens zum Start der Bundesliga erwarten wir, wie im letzten Corona-Sommer, viele nationale Urlaubsreisen und das Verweilen an der frischen, warmen Luft.