IDOOH-Konferenz: The sky is not the limit

Die zweite IDOOH-Konferenz fand in der Eventloction Sky im Dreischeibenhaus statt. Sie machte deutlich: In Sachen Vermarktung, Technologie und Kreativität geht noch so einiges. (Foto: Lea Schwis, Junior Executive Client Service, und Jean Guerrieri, Director Planning, beide PHD Germany und Gewinner mit der Kampagne “Catch me if you can”)

Die Zukunft hat die Vergangenheit verdrängt. Nirgendwo wurde das deutlicher als auf der zweiten Konferenz des Institute for Digital Out of Home (IDOOH) im Düsseldorfer Dreischeibenhaus. Hinten stand blitzeblank und anmutig der schwarz polierte Steinway-Flügel. Direkt davor flimmerten auf dem repräsentativen Screen die hierzulande innovativsten und kreativsten Motive der digitalen Außenwerbung – das große Finale des Events.

Begonnen hatte es deutlich sachlicher: mit Zahlen, Währungsfragen, Cases, Potenzialen. Wer nicht dabei war – hier die wichtigsten Facts des Nachmittags:

  • DOOH schraubt die Brutto-Werbekontakte/Woche auf 1,1 Milliarden hoch (zuletzt: 924 Millionen). Überproportioanl häufig werden über diesen Kanal Berufstätige (711 Millionen) erreicht. Die Zahlen präsentierten die Marktforscherin Dr. Anna Maria Deisenberg und IDOOH-Geschäftsführer Frank Goldberg exklusiv aus der in dieser Form erstmals erhobenen Studie „Public & Private Screens 2.0“.
  • Werbungtreibende drängen weiter auf einheitliche Standards. Das machte der zugeschaltete Michael Zacharski, Head of Business Development der Schwarz Gruppe, im Gespräch mit planus media-Geschäftsführer Axel Wiehler deutlich. „Wir brauchen übergeordnete Buchungsplattformen und geprüfte Leistungswerte, um eine intra- und intermediale Vergleichbarkeit zu gewährleisten“, so der DOOH-Experte. Zugleich mahnte er an: Eine einseitige Fokussierung auf quantitative Kriterien greife zu kurz. Gerade angesichts des Siegeszuges von Programmatic müsse sich die Branche auch auf qualitative Aspekte zurückbesinnen.
  • DOOH hat noch weitere Potenziale: Der für seine Aufzüge bekannte Konzern Schindler will gemeinsam mit Ströer jetzt die Fahrstühle als Werbeumfeld gewinnen. An sieben Standorten sei man mit dem Angebot „Public Video Elevator“ bereits vertreten. Das Kalkül dahinter: 80 Millionen Fahrten im Aufzug pro Tag in Deutschland, vor allem Berufstätige steigen dabei regelmäßig in die Box und stehen dort durchschnittlich 41 Sekunden. Aus eigener Erfahrung weiß man: eine schweigsame kollektive Erfahrung mit gemeinsamem Auf-den-Boden-Schauen. Abwechslung könnte nicht schaden.
  • Digital ist Wachstumstreiber: Wall-Geschäftsführer Andreas Prasse prognostiziert für seine Company: Bis Jahresende werde der Digital-Anteil am Gesamtumsatz bei 40 Prozent liegen. Programmatic gilt hier ja als Gamechanger. Prasse brachte auf der IDOOH-Konferenz den Beleg dafür: Eine programmatisch konzipierte und gebuchte Kampagne für Oatly katapultierte die Kaufabsicht um 64 Prozent nach oben.
  • Kreative entdecken DOOH. „Wir beginnen uns jetzt mit den kreativen Möglichkeiten der digitalen Außenwerbung anzufreunden“, erklärt Matthias Harbeck, Chief Creative Officer bei Saint Elmo’s. Er präsentierte auf der Konferenz zahlreiche internationale Kampagnen, die die individuelle Stärke des Mediums gekonnt ausspielen.

Technologie als Booster für Kreativität

Müssen wir uns also immer die ausländischen Märkte als Vorbild nehmen? Nicht unbedingt. In Sachen Kreation betonte Goldberg: „2021 war nicht nur aus Umsatzsicht das bislang erfolgreichste Jahr für Digital Out of Home, auch in puncto Kreativität wurden nochmal überragende Leistungen erbracht. Offenbar haben in der schwierigen Pandemiezeit auch die Kreativen die immense Spielwiese entdeckt, die das Medium gerade auch in Verbindung mit den immer ausgefeilteren technischen Möglichkeiten bietet.“ Goldberg war Chairman der hochkarätigen Jury der DOOH Creative Challenge, die vom IDOOH vergeben und von der W&V im Kreativranking berücksichtigt wird.

Auf der Konferenz am 20. September wurden die Sieger bekanntgegeben:

DOOH Classic

In der Kategorie „DOOH Classic“ sind reine Digital-Out-of-Home-Kampagnen gefragt, die die Möglichkeiten des Mediums (wie bspw. Touchpoint-Bezug, Kontext, Zielgruppen-Targeting) am kreativsten ausschöpfen. Am besten gelang dies unter allen Einreichungen der Kampagne „Unfreeze Your Business“, mit der die Deutsche Bahn auf einfache und zugleich humorvolle Weise zeigt: Nichts geht über persönliche (Geschäfts-)Treffen. Erinnert wird an all die Video-Calls mit ihren technischen Unzulänglichkeiten – vor allem natürlich an unvergessene Motive, wenn plötzlich der Bildschirm wieder einfriert, weil das Netz ruckelt. Ob die Kreativen von Ogilvy hier auch eigene Erfahrungen haben mit einfließen lassen?

Für die originelle Einbindung der DOOH-Werbeträger in die Kreation erhält der „Mølk Product Launch“ von New Aesthetics für das Food-Startup Moelk Silber. Die Motive verwandeln digitale City-Lights in Vitrinen und zeigen deren „Innenleben“, wodurch es der Kampagne gelingt, die Betrachter zu catchen. Bronze geht an Überground und den Art Directors Club für die Kampagne „Superkraft Kreativität“. Als Zeichen dafür, dass mit Kreativität alles möglich ist, nagelte Überground einen Pudding an die Wand. Ein Statement, um zum Besuch des ADC-Festivals 2022 zu animieren.  

Beste crossmediale Kampagne

In „Beste crossmediale Kampagne“ werden kanalübergreifende Werbeauftritte prämiert, die bereits bei der Kreation DOOH-relevante Aspekte wie die Rezeptionssituation berücksichtigen und so das Medium optimal in den Mediamix integrieren. Und hier kann die Kreativagentur laut von leise gemeinsam mit Havas Media und Oliver Schrott Kommunikation mit „The Absolut Art of Togetherness“ punkten: Sie hatten für den Kunden Pernod Ricard den Münchner Hauptbahnhof in die wohl meistbesuchte Kunstgalerie Deutschlands verwandelt und auf den DOOH-Screens die digitalen Werke von NFT-Künstlern präsentiert. Eine umfangreiche Verlängerung in Social Media und Online Video sowie Influencer-Kooperationen rundeten die Aktion ab. Ganz klar Gold, meinte die Jury. Mit Silber ist die Überground-Kampagne „Superkraft Kreativität“ auch in dieser Kategorie erfolgreich, indem sie den Pudding unter anderem in Form glibbernder Lenses bei Instagram und Snapchat in die sozialen Medien brachte. Über Bronze darf sich Granny freuen: Deren 360-Grad-Kampagne „JIVA!“, mit der Netflix seine gleichnamige Serie bewarb, hat mit knallbunten DOOH-Spots und Out-of-Home-Plakaten sowie Videos in Social Media und einem TikTok-Filter ganz Südafrika zum Tanzen gebracht.

Best Use of Data

Die Kategorie „Best Use of Data“ würdigt Kampagnen, die die DOOH-Kreation am besten mit der nüchternen Welt der Daten kombiniert. Und hier wandert die Gold-Trophäe zu PHD Germany für die Kampagne „Catch me if you can“ für The North Face: Die Outdoor-Marke ermittelte dank einer Kooperation mit der Fitness-App Strava die beliebtesten Lauf-Routen in Berlin und buchte DOOH-Stelen entlang der Laufstrecken. Auf den Screens sahen die Jogger nicht nur Werbung für den neusten Laufschuh von The North Face, sondern auch die aktuellen Bestzeiten der Strava-Nutzer, die es zu toppen galt. Den zweiten Platz in dieser Kategorie belegen 72andsunny Amsterdam, OMD Germany und areasolutions mit der Kampagne „Die DOOH Zeitgeist-Maschine“ für Google Deutschland: Hier wurden mithilfe einer speziellen Technologie und dynamischer Motivausspielung unzählige Suchanfragen auf Google in Echtzeit auf die DOOH-Screens gebracht. Bronze geht an Serviceplan, die für O2 Deutschland „The Visible Net“ entwickelt hat. Hier ist es der Telefónica-Marke erstmals gelungen, ihr Mobilfunknetz zu visualisieren und echte Netzdaten in spektakuläre Motive zu verwandeln.

DCC YoungSTARS

In der Kategorie „DCC YoungSTARS“ war der kreative Nachwuchs gefragt, der einen 10-Sekünder für eine Non-Profit-Organisation nach Wahl kreieren sollte. Die aus Sicht der Jury beste Arbeit reichte die Schülerin Mia Kühn ein, die gemeinsam mit Christina Schilde von vow to the view die Kampagne „Setze jetzt ein Zeichen: KeineGewaltgegenKinder.de“ für den Deutschen Kinderverein entwickelt hat. Beeindruckende Bildmarke der Kampagne ist eine schwarze Fläche, die angesichts ihrer scheinbaren Einfachheit umso mehr fesselt, als dass sie der Vorstellungskraft unendlich viel Raum für Interpretationen bietet.

Audience Award

Über den „Audience Award“ stimmten die Teilnehmer der IDOOH-Konferenz direkt vor Ort ab: Das Rennen um den von der Agentur PLAN gesponserten, mit 3.000,00 Euro dotierte „Audience Award“ machte „Catch me if you can“ von PHD Germany für The North Face.

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