Thäsler: „Nur-Plakat-Planer wird es nicht mehr geben”

In der digitalen Außenwerbung ist gerade einiges los: der Start ins Programmatic-Zeitalter, völlig neue Tracking-Technologien, der zu erwartende Einstieg neuer Player wie Google und, und, und. All das wird den Berufsalltag in der DOOH-Branche wesentlich prägen und damit verändern. Welche Skills brauchen erfolgreiche Player also künftig? Ein Interview mit Posterscope Deutschland-Geschäftsführer Kai-Marcus Thäsler, der ab September als Geschäftsführer des Fachverband Aussenwerbung (FAW) verantwortlich zeichnet.

Herr Thäsler, DOOH folgt in der Planung und Umsetzung künftig ganz anderen Mechaniken als bisher. Welche Konsequenzen zieht das nach sich?

Aus meiner Sicht wird das klassische Geschäft der Außenwerbung um zwei entscheidende Komponenten erweitert: nämlich um Geo-Intelligenz und das Online- und Mobile-Know-how.

Was bedeutet das in der Praxis?

Im ersten Schritt: einen anderen Denkansatz. Wir dürfen nicht vom Medium ausgehen, sondern mehr denn je von der Zielgruppe. Wie bewegt sie sich? Welche Touchpoints sind auf der Customer Journey wichtig? Das führt in der Konsequenz dazu, dass Sie künftig völlig neue Datenquellen nutzen, um ein mögliches umfassendes User-Profil zu erhalten – Mobilfunkdaten, App-Daten, psychografische Daten, Third Party Cookie-Daten etc.

Und dann?

Ein solcher Daten-Fundus eröffnet Ihnen einen völlig neuen Blick auf die Zielgruppe und damit auch den Media-Mix – etwa mit welchen Medien ich eine DOOH-Kampagne idealerweise flankiere, um den bestmöglichen ROI zu erhalten. Und natürlich kann eine solche Datenanalyse auch ergeben, dass DOOH nicht das alleinige Medium der Wahl ist, und dass sich bestimmte Zielgruppen wie besonders mobile-affine User zusätzlich über klassische Online-Channels oder über Facebook und Google erreichen lassen. So oder so: Die Planungslogik erfolgt künftig immer stärker übergreifend nach den Zielgruppen, nicht den Einzelmedien.

Als Geschäftsführer einer Netzwerk-Agentur haben Sie gut reden. Sie können die Budgets innerhalb der Gruppe hin und her shiften. Spezialmittler haben in diesem Szenario denkbar schlechte Karten.

Thäsler: “Stand-Alone-SPA müsen schnell handeln”

Natürlich haben wir einen Riesenvorteil, weil wir alle Media-Gewerke unter einem Dach haben. Stand-Alone-SPA müssen daher schnell handeln. Aus meiner Sicht gibt es dazu drei Alternativen: selbst das Know-how aufbauen, Know-how einkaufen oder sich mit einer entsprechenden Spezialagentur zusammenschließen – zum Beispiel einem Mobile-Spezialisten.

Wie bauen Sie bei Posterscope ein solches Know-how auf?  

In erster Linie über interne Schulungen – etwa zu Themen wie Programmatic- und Mobile- Advertising. Hierzu haben wir eine eigene Academy, die sich an alle Management-Ebenen richtet, eben weil der Junior-Planer davon genau so betroffen ist wie die Strategen, die Planung und der Einkauf.

Können Sie ein Beispiel nennen, bei dem klassische DOOH-Planung schon jetzt an ihre Grenzen stößt?

Schon heute müssen Agenturen abwägen können, ob eine klassische Zeitschienen-Optimierung oder ein Programmatic-Ansatz wirtschaftlich sinnvoller ist.

Gewinnt nicht immer die moderne Programmatic-Advertising-Planung?

Nicht unbedingt: Hierbei schiebt sich ja ein weiterer Mittler in die Wertschöpfungskette: Wenn eine DSP etwa zwölf Prozent Tech-Fee aufs Gesamtbudget für sich veranschlagt, stellt sich die Frage, welcher Ansatz effizienter ist. Doch beide Alternativen müssen Agenturen eben genau benchmarken können.

“Gute Erfahrungen mit Geisteswissenschaftlern”

Welche Jobs fallen künftig weg?

Den klassischen Nur-Plakat-Planer und Nur-Plakat-Einkäufer wird es künftig nicht mehr geben, eben einfach aus der Logik heraus, dass Planung nicht aus dem Medium, sondern der Zielgruppe heraus erfolgt. Das heißt im Gegenzug natürlich auch, dass Planung zunehmend stärker mit der Strategie verknüpft ist.

Welche Skills benötigen dafür die Mitarbeiter von morgen?

Wie eingangs gesagt: Geo-Intelligenz und Online Know-how werden in der DOOH-Branche immer wichtiger. Viele der Neueinstellungen bei uns haben vor diesem Hintergrund Geographie oder IT studiert. Und dann natürlich noch die BWLer, die typischerweise eine eher analytische Denke und ein ausgeprägtes Zahlenverständnis mitbringen. Sehr gute Erfahrungen haben wir auch mit Geisteswissenschaftlern gemacht, die bei dem Thema Kommunikation häufig im ersten Schritt eher die Vogelperspektive einnehmen, dann aber um so mehr Ehrgeiz im Tagesgeschäft entwickeln. In jedem Fall bringt es etwas, offen für alles Neue zu sein und bereit zu sein, sich permanent fortzubilden.

Thäsler: “OOH ist die spannendste Media-Gattung”

Wenn sich das DOOH-Geschäft gerade so verändert. Welche Perspektive geben Sie sich selbst?

Die Frage kommt zum richtigen Zeitpunkt! Zu meinem Einstieg bei Posterscope, im Januar 2014, habe ich gesagt: Wenn ich meinen Job richtig mache, wird man diesen in fünf Jahren in der damaligen Form nicht mehr brauchen …

… dieser Zeitpunkt scheint jetzt gekommen….

…exakt. Zum 1. September übernehme ich die Geschäftsführung des Fachverbands Aussenwerbung, werde mich verstärkt meiner Professur für Digitales Marketing an der Fachhochschule für Oekonomie in Hannover widmen und zudem als Consultant meine Dienste anbieten – wenn ich dafür noch Zeit finde. Beruflich gesehen: ein neuer Lebensabschnitt also. Ich freue mich drauf.

Moment mal: Gerade haben Sie noch betont, dass die Grenzen zwischen den einzelnen Werbeträgern fließend werden. Jetzt machen Sie sich explizit für Außenwerbung stark. Wie passt das zusammen?

Es ist nicht alles schwarz-weiß. Ich bin davon überzeugt: Kontakte im öffentlichen Raum zu schaffen, wird immer wichtiger. Wir reden hier vom letzten verbliebenen Massenmedium. Außenwerbung ist für jede Mediakampagne ein ganz wesentlicher Pfeiler – Mobilitäts-Daten qualifizieren die klassischen OOH-Werbeträger, Zielgruppen werden künftig auch programmatisch angesprochen. Eigentlich die spannendste Media-Gattung. Das werde ich in meinem Job ganz stark unterstreichen.

Diesen Post teilen

The North Face-2
Google_DOoH-Zeitgeist_Visual-4