Der ehemalige GroupM-Manager Lars Kirschke ist seit diesem Jahr Chief Product Officer bei It Works. In seinem ersten Interview in dieser Position spricht er über die weiteren Pläne des Unternehmens, die Herausforderungen im Bereich DOOH und die Bedeutung von KI für die gesamte Außenwerbung.
Herr Kirschke, seit 1. Januar zeichnen Sie bei It Works als Chief Product Officer verantwortlich. Für Sie eine Art Comeback, oder?
So gesehen, ja. Schließlich war ich schon bis 2003 für It Works tätig. Seinerzeit als Director Business Development.
Was hat sich in den 15 Jahren in dem Unternehmen geändert?
Eine ganze Menge! Die Datenvielfalt und –qualität haben inzwischen ein ganz anderes Level, die Planungskompetenz ist deutlich ausgebaut, nicht zuletzt, weil It Works konsequent in ihre Planungssysteme und Mitarbeiter investiert hat.
Welche Konsequenzen hat das in der Praxis?
Ganz unterschiedliche. Fangen wir im Bereich der klassischen Außenwerbung an. Neben den klassischen Standortbewertungen haben sich reihenweise Mikromarketingdaten, Handelspanel, POI-Informationen, Frequenzströme, Kaufkraftkennziffern auf Straßenabschnittsebene etc. dazugesellt. Diese Informationen geben uns die Möglichkeit, viel granularer als je zuvor Kampagnen über Out-of-Home-Flächen auszusteuern und ermöglichen in Summe schon jetzt ein Maximum an Zielgruppengenauigkeit. Die Digitalisierung potenziert hier nochmal die Möglichkeiten. Telekommunikationsunternehmen etwa haben sich Drittanbietern gegenüber geöffnet und vermarkten ihre Nutzer-Daten. Wir können damit Bewegungsmuster der Kunden viel besser verstehen und für unsere Planung nutzen. Aber das ist erst der Anfang.
Worauf wollen Sie hinaus?
Frequenzdaten sind die Basis dafür, intelligente Infrastrukturlösungen von morgen zu bauen. Das bezieht sich einerseits auf den kommerziellen Bereich – etwa bei Handelsunternehmen und Logistikfirmen – als auch auf den kommunalen, Stichwort „Smart City“. Mit unseren Insights können wir hier als Consultants wesentlichen Input beisteuern. Hier entsteht ein gigantischer Wachstumsmarkt, der durch KI zusätzlich gepusht wird.
Lassen Sie uns zunächst kurz beim Thema DOOH bleiben.
Ein Bereich, in dem die großen Player in den vergangenen Jahren enorm viel Geld in die Hand genommen haben! Denken Sie beispielsweise nur daran, was allein Ströer hier in Bahnhöfen und in den Malls investiert hat. Und obwohl hier viel Kapital geflossen ist, ist der Markt weiterhin fragmentiert geblieben.
Was ist daran schlimm?
Gar nichts! Im Gegenteil: Konkurrenz belebt das Geschäft. Wir müssen nur aufpassen, dass wir unseren Marktpartnern einheitliche Standards bieten können.
Sehen Sie hier eine Gefahr?
Der Markt entwickelt sich vor allem im Bereich Programmatic sehr dynamisch und ist für DOOH ein ganz großer Wachstumstreiber. Doch wir sehen, dass jeder der großen Player hier einen eigenen Weg geht. Ströer etwa vermarktet seine Fläche über die Kombination von Adform als DSP und Ayuda-Plattform (SSP), 7Screen wiederum nutzt Active Agent als DSP. Ich denke, nicht dass dies in der Absicht geschieht, hier walled gardens zu schaffen, sondern eine solche Entscheidung folgt jeweils den unternehmensspezifischen Erfordernissen. Wenn jetzt aber noch die Independents eigene Lösungen präsentieren, entsteht ein Flickenteppich. Das aber kann nicht im Sinne der Werbungtreibenden und Agenturen sein. Wir brauchen einen frei wählbaren, programmatischen Zugang zum Inventar. Was online schon Standard ist, müssen wir uns in DOOH noch erarbeiten.
Wenn Werbung künftig auch in der Außenwerbung automatisiert gehandelt wird, wo bleiben dann die Spezialmittler wie It Works?
Weder die DSP, noch die SSP sind für den Erfolg entscheidend, sondern die Intelligenz zu wissen, welches Inventar ich wann, wo brauche, um eine erfolgreiche Kampagne zu fahren. Spezialmittler besitzen dieses Wissen um den geographischen Raum und die mobilen Zielgruppen. Was sich durch „programmatic“ ändert, ist die Logik und die Möglichkeit, umfassende dynamische Daten einzusetzen. Wie eben erwähnt nehmen die möglichen Datenquellen zu, die Anzahl der Messpunkte potenziert sich und in der Verbindung aus OoH/DOOH und Mobile entstehen komplett neue Produkte. Unser Mehrwert liegt im Dreiklang aus unabhängiger Beratung, funktionierenden Produkten und effizientem Einkauf. Hier sehe ich It Works ganz vorne.
Was wird Ihr Anteil daran sein?
Wir stehen bekanntlich alle in einem grundlegenden Transformationsprozess. Mein bescheidener Beitrag, diesen erfolgreich bei It Works zu managen, umfasst den Bereich der Produkte. Dieser teilt sich in drei Bereiche auf. Erstens: Data – insbesondere unter dem Gesichtspunkt Geo-Targeting und Mobile. Mit dem Smartphone bekomme ich schließlich einen Rückkanal und damit eine ideale Ergänzung zur Außenwerbung. Beide Medien in der Ansprache zu synchronisieren, wird eine zentrale Herausforderung für alle. Zweitens: die technische Infrastruktur, also der Aufbau bzw. die Weiterentwicklung von intelligenten Data-Systemen. Und drittens: der gesamte Bereich Marktforschung – sowohl für unser Unternehmen als auch für die gesamte Gattung. Denn auch hier gilt: Wir müssen uns dem Markt mit einheitlichen Standards präsentieren und wie alle Medien den Wirkungsnachweis antreten.
Siehe auch: So prägt Big Data künftig DOOH