Christian Wilkens ist Chief Digital Officer bei Deutschlands größter Mediaagentur MediaCom. In dieser Position verantwortet er gattungsübergreifend das gesamte digitale Geschäft. Ein Gespräch über Programmatic bei Digital Out of Home.
Herr Wilkens, alle Welt redet von Programmatic. Auch die Außenwerbung. Wie beurteilen Sie die Entwicklung in der Gattung?
Programmatic steht grundsätzlich für einen klaren Effizienzgewinn, deshalb ist unser Credo: Alles was sich digital ausspielen lässt, wird perspektivisch auch programmatisch gehandelt werden. Das gilt natürlich genauso für die digitale Außenwerbung.
Wie stellt sich das in der Praxis aktuell da?
Aktuell können wir digitale Außenwerbung nicht nahtlos in unsere Infrastruktur einbinden. Leider. Wir sehen hier zwei Knackpunkte: Es gibt zwar viel versprechende Ansätze wie etwa die DSP Active Agent oder auch die SSP Ayuda, insgesamt sind dies noch zu viele Insellösungen. Es fehlt bisher an einem übergreifenden Ansatz. Und wir brauchen valide Echtzeitdaten zu den Konsumenten, die vor den Werbeträgern stehen. In Konsequenz führt das dazu, dass Agenturen aktuell im DOOH Zeitslots einkaufen, aber eben keine Echtzeitkontakte. Doch damit verschenkt die Gattung noch das Potenzial von Programmatic.
Was wäre hier Ihre Wunschvorstellung?
Ideal für uns wäre natürlich, wenn wir jede einzelne Stele über eine Plattform programmatisch einkaufen könnten. Auf einer Einzelimpression-Basis mit Nutzer-Daten zu den DOOH-Kontakten.
Wird dies in der Praxis nicht viel zu kleinteilig: Was passiert etwa, wenn mehrere Personen vor einem Werbeträger stehen. Für wen spielen Sie dann das Motiv aus?
Genau darin liegt einer der Kernvorteile von Programmatic, wenn es datengetrieben ist. Wir sind in der Lage, sehr individuell Zielgruppen anzusprechen und das skalierbar ohne immensen händischen Aufwand. Das betrifft perspektivisch meiner Meinung nach auch die Preismodelle. Ziel ist es aus unserer Sicht, nur die tatsächlichen Zielpersonen zu bezahlen, nicht die Streuverluste. Aufgrund der Vielfalt an DOOH-Screens ergibt sich für die Gattung eine tolle Perspektive – sie ist ein Reichweitenmedium und ermöglicht zugleich eine exakte Zielgruppenaussteuerung. Sie eignet sich damit sowohl für die Ansprache sehr spitzer Zielgruppen als auch für eine breiter gefasste Aussteuerung – etwa im FMCG-Bereich.
Die Online-Branche kämpft seit längerem mit Ärgernissen wie etwa Ad Fraud. DOOH ist hingegen ein öffentliches Medium. Ist damit per se nicht ein höheres Maß an Transparenz gegeben?
Nur scheinbar. Grundsätzlich ermöglichen alle digitale Medien ein Höchstmaß an Transparenz. Über Adserver etwa lässt sich die Ausspielung der Werbemittel sehr genau nachverfolgen. Das gilt dann gleichermaßen für Online, Mobile oder DOOH. Die Tatsache, dass im Bereich der Außenwerbung die Werbeflächen öffentlich sind, spielt vor diesem Hintergrund daher nur eine nachgelagerte Rolle. Wir Agenturen können ja schließlich nicht an jeder Stele vorbei fahren und nachprüfen, ob das Motiv auch tatsächlich ausgespielt wurde. Der Einsatz unseres eigenen AdServes zur Messung schafft hier zumindest die notwendige Transparenz über die Auslieferung an sich.
Im Programmatic Buying gibt es aktuell mehrere Abrechnungsmodelle: die Open Auction, die Prefered Deals und das Modell Automated Guaranteed (Direct). Welches wird sich Ihrer Meinung nach im Bereich DOOH durchsetzen?
Wie gesagt: Noch ist das Angebot an programmatisch gehandelten Werbeflächen im DOOH limitiert. Damit spricht mittelfristig alles für das Modell Automated Guaranteed, bei der der Einkauf von Werbeflächen innerhalb eines Rahmenvertrags zwischen zwei Teilnehmern abläuft und die Volumina garantiert sind.
Auf den Punkt gebracht: Worin sehen Sie den entscheidenden Vorteil von Programmatic für die OOH-Branche?
Mit der Anbindung an bestehende Programmatic-Infrastruktur wird auch OOH Teil der Digital-Welt und ist integrierbar in eine ganzheitliche, gezielte Zielgruppenansprache. Ein klarer Vorteil gegenüber allen analogen Gattungen mit ihren Streuverlusten.
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