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Nielsen-Bilanz, 1. Halbjahr: Auftakt zum Aufwärtstrend

Die Nielsen-Bilanz des ersten Halbjahres zeigt: DOOH gewinnt kräftig Marktanteile – das klassische Plakat fuhr im Minus ein. Lars Kirschke, It Works (Foto links), Holger Walsch, planus media (Foto mitte), und Steffen Knödler, airtango, sagen, was dies bedeutet.

Wer dieser Tage einen Fuß vor die Tür setzt, bestaunt die größte Plakatschlacht seit vier Jahren: Es ist wieder Wahlkampf. Und alle Parteien versprechen abwechselnd an allen Straßenlaternen mehr Gerechtigkeit, Wohlstand für alle und Nachhaltigkeit in allen Facetten. Dass ausgerechnet das Thema Ökologie auf konventionellen Plakaten – die ja alles andere als umweltfreundlich sind – thematisiert wird, gehört zu den verbliebenen Geheimnissen des Politik-Marketings. Aber in der Bilanz macht sich das schon bemerkbar: Außenwerbung insgesamt wuchs im Juni um 44 Prozent auf rund 237 Millionen Euro – OOH um 45 Prozent auf rund 154 Millionen und DOOH um 42 Prozent auf 83 Millionen Euro.

Doch die Geschichte ist eine andere. Die wird sichtbar, wer sich die Nielsen-Zahlen für das gesamte erste Halbjahr 2021 anschaut. Unsere Daten-Analystin Anna Maria Deisenberg hat das gemacht und kommt zu dem Schluss: „Die ersten sechs Monate zeigen, wie gut DOOH aus der Corona-Krise herausgekommen ist. Das Plus der gesamten Gattung Außenwerbung liegt ausschließlich an DOOH.“ Zwar gewinnt OOH insgesamt im Vergleich zum Vorjahreshalbjahr um 1,3 Prozent (+ 12,64 Millionen Euro), doch die Zugewinne verantwortet ausschließlich DOOH. Digitale Außenwerbung legte im Vergleich zum 1. Halbjahr 2020 um 9,2 Prozent (28,33 Millionen Euro) zu, die klassischen Außenwerbung verliert im gleichen Zeitraum 16,3 Millionen Euro (- 2,4 Prozent). In der Konsequenz schraubt DOOH seinen Marktanteil innerhalb der Gattung nach oben, und zwar auf 34 Prozent. Das sind drei Punkte mehr als 2020 und fünf Punkte mehr als 2019. Der Trend ist also unverkennbar. Aber schlägt sich das auch entsprechend in den Kassen nieder? Wir haben bei Lars Kirschke, Geschäftsführer von It Works, Steffen Knödler, CEO der airtango AG, und Holger Walsch Geschäftsleiter bei planus media, nachgefragt.

Die Brutto-Zahlen steigen: Schlägt sich das auch netto in der Kasse nieder? Wie liegt Ihr aktuell im Vorjahresvergleich?

Kirschke: Die gesamtgesellschaftliche Perspektive auf Lockerung spiegelt sich auch in der Nachfrage wider. Durch die steigende Mobilität gibt es auch keine Abstriche in der Leistung, ergo ergibt sich ein solides Netto auch für das zweite Halbjahr. Trotz des schwierigen Frühjahrs, sehen wir das Gesamtjahr als Auftakt für einen langfristigen Aufwärtstrend.

Knödler: Unser Netzwerk in den Fitness-Studios war von den Lockdowns sehr stark und lange betroffen. In den Monaten der Öffnung bekamen wir große Aufträge, die wir aber leider nicht bedienen konnten, weil die Buchungen in die nächsten Schließungen fielen. Im Öffnungsreigen dieses Jahres waren die Fitness-Studios fast die letzten DOOH-Screens, die wieder online gehen durften. Seit der Öffnung haben wir wieder einige Anfragen und Buchungen erhalten und profitieren davon, dass wir während des Lockdowns enorm in unsere technische Infrastruktur investiert haben. Daher sind wir sehr zuversichtlich für das aktuelle und nächste Quartal.

Walsch: Einhergehend mit dem Anstieg der Mobilität erlebten wir einen spürbaren Aufschwung im ersten Halbjahr. Nicht nur die Anfragen nach DOOH, sondern auch die tatsächlichen Netto-Umsätze sind im Vergleich zum Vorjahr deutlich gestiegen. Und für das zweite Halbjahr sind wir sehr positiv gestimmt, dass sich dieser Trend fortsetzen wird.

Welche Branchen sind aktuell die Wachstumstreiber?

Kirschke: Zum einen kehren viele überzeugte Kunden zurück und lösen ihre Budgetpuffer auf. Zum anderen investieren Branchen wie Streaming, Online-Handel sowie Medien, die sich sowohl im Aufwind aber auch in harter Konkurrenz zueinander befinden. Alle wollen gestärkt und als Gewinner aus der Krise gehen.

Knödler: Wir stellen ein breitgefächertes Interesse an unseren Screens fest. Dies reicht von lokalen, direkten Anfragen bis hin zu nationalen Kampagnen aus verschiedenen Branchen. Aktuell dominieren hier Tech-Unternehmen, die Bereiche Food- & Beverage und Touristik die Nachfrage.

Walsch: Da lassen sich keine Branchen explizit hervorheben. Die hohe Flexibilität von DOOH wird mittlerweile von vielen Kunden geschätzt. Wenn man bedenkt, dass viele im Bereich DOOH sehr gut ausgebaute Touchpoints, insbesondere Bahnhöfe und Flughäfen, in den vergangenen Monaten überproportional stark hinsichtlich der Frequenzen betroffen waren, ist das gesteigerte Interesse an dem Medium mehr als beachtlich.

Was seht Ihr als größte strukturelle Herausforderung für das laufende Jahr?

Kirschke: Wir brauchen verlässliche Leistungsdaten, die auch miteinander vergleichbar sind. Zum einen sollte sich Digital Out-Of-Home konsolidieren, aber auch analog und digital müssen wieder stärker zusammenwachsen. Sonst verkauft sich das Medium unter Wert. Programmatic DOOH hat sich in den letzten vier Jahren stark professionalisiert. Aber sowohl die Angebotsstruktur als auch das Narrativ über die Stärken des Mediums sind noch ausbaufähig. Aber der Wille und der Austausch sind da, diese Themen zügig weiter zu treiben.

Knödler: Die Wahrnehmung von DOOH erfordert nach wie vor Erklärungsbedarf. Vielfach wird immer noch angenommen, dass wir ein One-to-One Medium sind. Dies wirkt sich auch auf die Budget-Diskussionen aus. Über unsere Mitgliedschaft im DMI sind wir jedoch zuversichtlich, dass dieses Thema bald der Vergangenheit angehört. Des Weiteren werden wir in diesem Sommer ein neues Werbemittel launchen. Wir freuen uns darauf und sind gespannt, wie es im Markt angenommen wird. Ebenfalls beschäftigen uns Stammdaten und die sich daraus ergebenden Reichweiten. Denn für Agenturen und Kunden ist es weiterhin relativ schwierig, den Markt mit seinen verschiedenartigen Buchungsmechaniken, Abrechnungsmodellen und Reichweitenangaben zu überblicken und die richtigen Vergleiche im Media-Buying zu treffen.

Walsch: Bei uns steht dieses Jahr die Schaffung einer eigenen technischen Infrastruktur im Mittelpunkt. Wir entwickeln zurzeit eine eigene DMP, um zukünftig eigene Zielgruppen-Daten einpflegen und die Kampagnen danach aussteuern zu können. Im Moment findet das Targeting noch zu häufig auf SSP-Seite statt. Daher arbeiten wir parallel auch an einer eigenen DSP. Als marktübergreifende Herausforderungen sehen wir nach wie vor die Tatsache, dass es keine Datenbank mit allen DOOH-Stammdaten sowie einheitlichen Leistungswerten gibt. Die von uns mitentwickelte DOOHRY-Datenbank war ein Schritt in die richtige Richtung. Leider kränkelt sie in Bezug auf Datenpflege und -aktualität seitens einzelner Anbieter. Auch aus diesem Grund entwickeln wir eigene Dinge, die unseren Bedürfnissen und denen unserer Kunden optimal entsprechen.

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