Immer mehr rüsten in der DOOH- Branche auf Programmatic um. Experten meinen schon: Wir sind Amerika ein Jahr voraus – und dort sind die Wachstumraten atemberaubend.
Selten hatten wir über das Thema Programmatic in DOOH in den vergangenen Monaten hier ja sicher nicht berichtet. Doch tatsächlich gibt es Woche für Woche immer neue Aufhänger, die zeigen, wie dynamisch die Entwicklung in diesem Bereich gerade ist: Der Flughafen Düsseldorf (Foto) etwa ermöglicht seinen Kunden seit neuestem auch die Ausspielung programmatischer Kampagnen, planus media hat eine erste für ein Kölner Medienhaus gerade realisiert, das Executive Channel Network (ECN) wiederum nutzt künftig die Hivestack SSP, um Vermarktern in Echtzeit Zugang zu ihrer Zielgruppe zu bieten.
Es ist also ordentlich Bewegung im Markt. Aber wie viel wirklich? Verlässliche Zahlen, wie groß der Anteil von Programmatic an der gesamten Außenwerbung bzw. der digitalen Außenwerbung ist, gibt es kaum. Der Enthusiasmus ist – wie eigentlich immer bei technischen Neuerungen – groß, aber was gibt der Markt wirklich her? Für etwas Transparenz sorgt jetzt eine aktuelle Einschätzung von emarketer. Sicher: Noch ist der Programmatic-Anteil vergleichsweise gering. Bezogen auf die gesamten Werbeumsätze der Außenwerbung in den USA beziffern die Experten ihn auf nur 2,2 Prozent, bei DOOH sind es immerhin schon 6,7 Prozent. Entscheidend ist aber die Dynamik: So werden sich die Spendings für programmatische DOOH-Werbung in den USA gegenüber dem Vorjahr laut Prognose mehr als verdoppeln und insgesamt 181,6 Millionen US-Dollar betragen. Diese Zahl wird bis 2022 sogar 533,8 Millionen Dollar erreichen.
2021: der Programmatic-Durchbruch in Deutschland
Positive Vorzeichen also. Fragt sich nur, ob sich die Wachstumsdynamik aus den USA für den deutschen Markt übertragen lässt. Die Entscheider hierzulande meinen: ja – mindestens. Drei Fragen an zwei Experten: Lars Kirschke, Chief Product Officer bei IT Works, und Holger Walsch, Geschäftsleiter bei planus media.
Verläuft die Entwicklung in Deutschland entsprechend zu der in den USA? Was ist Ihre Erfahrung aus Ihrem Geschäftsverlauf?
Kirschke: Wir schauen in Marketingfragen naturgemäß Richtung USA und unterstellen einen großen zeitlichen Vorsprung. Aus meiner Sicht hat sich dieser in den letzten Jahren stark reduziert und in diesem speziellen Fall umgekehrt. Global arbeiten wir im RTA auf dem gleichen digitalen Ökosystem, egal ob Houston, London, Berlin oder Singapur. Da gibt es höchstens regionale Besonderheiten. Im DOOH haben wir bedingt durch starke Infrastrukturanbieter, regionale DSPs, die ihre Mechaniken auf das neue Medium angepasst haben, sowie verschiedene Initiativen der Standardisierung (u.a. DMI) einen zeitlichen Vorsprung. Wir haben die Entwicklung der USA um ein Jahr vorweg genommen. Alle Basisparameter sind geschaffen, RTA geht 2021 durch die Decke.
Walsch: Wir bei planus media erleben aktuell ein deutlich größeres Interesse unserer Kunden an Programmatic DOOH als noch im vergangenen Jahr. Im Vergleich zum US-Markt ist die prozentuale Verteilung der Spendings zwischen DOOH und klassisch OOH tatsächlich recht ähnlich (30 Prozent /70 Prozent). Auch der Anteil an programmatischen Buchungen ist vergleichbar. Immer mehr Screens werden technisch aufgerüstet, sodass das Inventar an programmatisch buchbaren Einheiten in Deutschland wächst. Gleichzeitig treiben DSP-Plattformen die Entwicklung von programmatischen Kampagnen durch die Integration von neuen Buchungs- und auch Trackingmöglichkeiten, also auch die Integration von Omni-Channel-Ansätzen. Gerade bei Omni-Channel-Kampagnen bildet DOOH eine wichtige Basis, da hierüber viele attraktive Zielgruppen reichweitenstark und effektiv angesprochen werden.
Rechnen Sie hierzulande mit einem ähnlich exponentiellen Wachstum wie in den USA?
Kirschke: Wir haben heute schon eine größere Basis als die USA, daher ein wahrscheinlich geringeres Wachstum, aber es wird für die nächsten Jahre hoch zweistellig sein.
Walsch: Auch in Deutschland wird der Programmatic DOOH Markt in den nächsten Jahren überproportional wachsen. Das liegt vor allem an folgenden Wachstumstreibern: die weiterhin zunehmende Mobilität der Menschen, der fortschreitende Screenaufbau bzw. die Digitalisierung analoger Flächen, die flexiblen Belegungs- und Targetingmöglichkeiten sowie die Erhöhung der Buchungs-Convenience durch die einfache Abwicklung und Buchung unterschiedlicher DOOH-Formate in einer DSP. DOOH wird ganz neue Kundengruppen erschließen.
Welche Hürden müssen ggf. genommen werden, damit Programmatic in DOOH hierzulande richtig durchstartet?
Kirschke: Ich sehe wenig Hürden. Vieles haben wir in den vergangenen zwei Jahren aus dem Weg geräumt. Das Verständnis der Digitalen für die Besonderheiten des DOOH wächst und umgekehrt, das Wissen der OOH Branche für die digitalen Bedürfnisse. Ein wenig Standardisierung wäre gut, um die Fehler der Digitalbranche nicht zu wiederholen. Den Rest regeln die Marktkräfte.
Walsch: Damit sich DOOH und insbesondere Programmatic weiter durchsetzen, werden neben einem möglichst breiten Portfolio an buchbaren Touchpoints und Screens attraktive TKP, einheitliche Leistungswerte und insbesondere auch Werbewirkungsnachweise benötigt. Dabei geht das DMI mit der Public Screens Studie schon Schritte in die richtige Richtung. Da wir uns bei Programmatic DOOH im Bereich „Real-Time“ Advertising bewegen, braucht es idealerweise auch eine entsprechende Möglichkeit, den Erfolg solcher Kampagne in Echtzeit und mit Live-Daten zu analysieren. Einen weiteren Schub wird es durch ein breiteres Angebot an Private oder Open Auctions geben, wodurch sich klassische DOOH-Kampagnen effizient verlängern lassen.
Siehe auch:
Programmatic DOOH: Das sind die neuen Standards