„Retail Media ist substanzielles Marketing“

Der Lebensmittelhändler REWE baut sein DOOH-Angebot im Bereich Retail Media kräftig aus. Ab Oktober ist auch die programmatische Buchung möglich. Christian Raveaux, Head of Customer Insights & Media, über die Details der Strategie.

Nach dem rasanten Aufbau eines bundesweiten Digital-Out-of-Home-Netzes in den eigenen Märkten setzt REWE nun noch einen drauf: Ab Oktober werden die DOOH-Flächen auch programmatisch buchbar sein, der LEH-Riese kooperiert dabei mit der SSP1 der One Tech Group. Im ersten Schritt bietet REWE dabei marktbasierte Targetings an. Damit ist das Ende der Fahnenstange aber noch lange nicht erreicht, wie Christian Raveaux, Head of Customer Insights & Media, im IDOOH-Interview verrät.

Rewe gibt seit Mitte vergangenen Jahres ordentlich Gas beim Ausbau der digitalen Stelen am Point of Sale und erschließt damit neue Werbeflächen. Was ist der Grund?

Christian Raveaux: Zum einen verzichten wir zugunsten der Nachhaltigkeit seit kurzem auf die Papierhandzettel. Da sind die digitalen Werbeträger ein geeignetes Mittel, die Kunden am Point of Sale direkt anzusprechen. Wir schaffen hier für Marken die Möglichkeit, am Ort des Kaufentscheids nochmal einen Impuls zu setzen. Und da wir eben nicht nur Publisher, sondern in erster Linie Händler sind, können wir unseren Werbekunden eine höchst attraktive Werbefläche in Kombination mit sinnvollen Auswertungen zur Verfügung stellen.

Aktuell haben Sie 2.700 Stelen in den Märkten in Betrieb, bis Ende des Jahres wollen Sie die 3.000er-Marke knacken. Die 65-Zoll-Stelen stehen nicht im Markt, sondern im Eingangsbereich. Warum haben Sie dieses Konzept gewählt?

Raveaux: Ganz einfach: Die Stelen wirken wie digitale City Light Poster und niemand übersieht sie, denn sie sind am Eingang prominent platziert. Das ist schließlich der Ort, an dem alle Kunden vorbeikommen. Wir haben qualitative Studien mit Eye-Tracking-Brillen durchgeführt und haben festgestellt, dass die Botschaften auf den Stelen dort sehr intensiv wahrgenommen werden. Das ist enorm wichtig für das Marketing.

Auch nicht-endemische Kunden auf dem REWE-Netz

Sie haben Mitte 2022 mit dem Ausbau der Stelen begonnen. Welche Kundenkreise interessieren sich für die Buchung von DOOH-Kampagnen?

Raveaux: Bei uns werben viele endemische Kunden, also Marken, die mit ihren Produkten bei uns gelistet sind. Die Palette ist groß und reicht von Getränken über Eis und vegane Produkte bis hin zu alternativen Milchprodukten und Pizza. Aufgrund des niedrigen Involvements würde es auch wenig Sinn machen, ein Tiefkühlfertiggericht auf einem Screen in der Innenstadt zu bewerben. Zudem schalten inzwischen auch nicht-endemische Kunden bei uns, zum Beispiel Apple oder Tourism Kanada und Tourism Australia, beide via DER Touristik.

Machen Sie Ihren Kunden Vorgaben zu den Creatives?

Raveaux: Natürlich schauen wir zunächst einmal auf den Fit der Marke. Passt das zu uns? Und selbstverständlich gibt es den Wettbewerber-Ausschluss, dafür führen wir einen Abgleich mit unserer Blacklist durch. Wir machen im Übrigen bei Branding-Kampagnen keine CI-Vorgaben. Wichtig ist jedoch, dass die Spots sechs Sekunden lang sind.

Können Marken bei Ihnen DOOH-Kampagnen auch programmatisch buchen?

Raveaux: Ab Oktober geht das. Es sind bereits erste Buchungen möglich und wir werden diesen Vermarktungsweg konsequent weiter ausbauen. Wir arbeiten an dieser Stelle mit der SSP1 zusammen. Sie sind für uns der richtige Startpartner, der sich als starker SSP-Player in Deutschland und DACH etabliert hat und uns, beziehungsweise unseren buchungsinteressierten Agenturpartnern, den Zugang zu diversen und allen aktuell relevanten DSPs gewährt.

Diverse Segmentierungen und Clusterings möglich

Die programmatische Buchung eröffnet auch neue Targeting-Möglichkeiten. Welche bieten Sie an?

Raveaux: Die REWE besitzt vielfältige Zielgruppendaten, sodass grundsätzlich diverse Segmentierungen und Clusterings möglich sind. So können Marken beispielsweise bereits nach REWE-Regionen werben. Ganz neu dazugekommen sind auch distributionsangepasste Werbeausspielungen. Das heißt, dass die Werbung nur in den Märkten ausgespielt wird, in denen das Produkt auch gelistet ist. So gibt es beispielsweise die Kaffee-Range Melitta Barista nicht in jedem Markt. Damit der Kunde ohne Streuverluste werben kann, wird der Spot nur in den Märkten ausgespielt, in denen es das Produkt auch tatsächlich gibt. Weitere Targeting-Möglichkeiten, wie zum Beispiel Audience Targeting auf Basis der REWE 1st-Party-Daten, werden in naher Zukunft folgen.

Werbetreibende wollen in erster Linie wissen: Was bringt mir das? Dafür bekommen sie von Ihnen auch Reportings. Welche Daten können Sie liefern?

Raveaux: Wir geben detaillierte Reportings raus. So erhalten Werbekunden neben Absatzzahlen auch detaillierte Infos zu Kundensegmenten – ob es sich um Familien, Paare oder Singles handelt. Auch Infos zum Neukundenanteil sind enthalten, was gerade für Neuprodukte oder Relaunches wichtige Informationen darstellen. Dadurch wissen wir, wer unsere Kunden sind. Das ist ein großer Satz an Informationen, wie ihn gerade Werbeagenturen ja sonst nie zu sehen bekommen.

Großer Satz an detaillierten Infos zu Kundensegmenten

Können Sie ein Kampagnen-Beispiel nennen?

Raveaux: Da ist beispielsweise ein Anbieter hochwertiger Fleischersatzprodukte. Wir konnten anhand der Kunden- und Abverkaufszahlen, aber auch anhand der klassischen Awareness KPIs wie Wahrnehmung und gestützte Wiedererkennung sehen, wie sich diese Werte entwickelt haben. Das war äußerst positiv. Denn nicht nur die Abverkaufszahlen sind gestiegen, Verbraucher wussten durch die Kampagne auch mehr über die Marke und das Produkt.

Einen weiteren erfolgreichen Case konnten wir in der Kategorie Süßware umsetzen. Durch die aufeinander abgestimmte Kombination aus Sonderedition, aktivierendem Werbemittel sowie POS-naher Platzierung konnte innerhalb des Kampagnenzeitraums ein Kundenzuwachs von elf Prozent sowie eine Erhöhung des Marktanteils um 15 Prozent erzielt werden – und das ohne jeglichen Aktionspreis.

Obwohl Sie recht konkrete Zahlen liefern können, buchen Marken häufig Google- oder Meta-Kampagnen für ihre Produkte. Stellen Sie dennoch peu à peu einen Shift zu Retail Media fest?

Raveaux: In der Tat. Denn Retail Media mag zwar eine neue Spielart sein, aber es ist auch substanzielles Marketing und gehört damit unbedingt in ausgefeilte Werbepläne. Natürlich gibt es sehr viele Werbetreibende, die reflexartig Kampagnen anderer Anbieter buchen, doch deren Erfolgs-Reporting ist häufig ganz viel Alchemie und bietet wenig Relevantes bei der Frage: Was hat es am Ende gebracht? Oft ist dort das Prinzip Hoffnung stärker, als man es sich eingesteht.

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