“Wir reduzieren Komplexität”

Die Vielzahl an Reichweitendaten und die Vielfalt in der Außenwerbung – beides hängt eng miteinander zusammen. Und doch ließe sich das in einem in sich vergleichbaren Währungssystem auflösen, meint Kai-Marcus Thäsler, Geschäftsführer des FAW und Beirat beim DMI.

Kai, das DMI entwickelt seine Private & Public Screens-Studie weiter, Ströer hat eine eigene Reichweitenerhebung, und jetzt wird aus der ma Plakat die ma Out of Home.¹ Es ist viel in Bewegung, aber ist das auch marktkonform?

Kai Thäsler: Außenwerbung ist die übergeordnete gemeinsame Gattung, doch der Reiz liegt bei uns in der Vielfalt: Der klassische Straßenraum mit seinen Fußgängern, Auto- und Radfahrern gehört hier ebenso dazu wie etwa Shopping-Malls, die ja eher zum Flanieren einladen, oder eben ganz spezielle Touchpoints wie Apotheken, Ärzte oder Tankstellen. Die Wahrnehmungssituation von Werbung ist also auch in einer gemeinsamen Gattung immer eine völlig andere. Dem müssen wir bei der Erhebung der Leistungswerte Rechnung tragen.

Man könnte es sich doch einfach machen: Kontakt ist Kontakt…

Thäsler: Eben nicht! Media hat zwei zentrale Komponenten – den Leistungsaspekt und den Wirkungsaspekt. Der Leistungsaspekt zielt auf die Kontakte ab, der Wirkungsaspekt auf die Nutzungssituation. Im Idealfall befinden sich beide im Gleichgewicht. Programmatic hat das Panel zugunsten des Leistungsaspektes ausschlagen lassen. Dem Trend können wir uns nicht entziehen. Doch es geht eben auch wesentlich darum, mit welchem Mindset beachten die Konsumenten die Werbung? Für die Wirkung ist das essentiell – und genau dafür brauchen wir entsprechende Leistungserhebungen.

Ist das Deiner Meinung nach in anderen Medien einfacher?

Thäsler: Nein, nur die bilden das teils nicht sauber ab. Fernsehen oder auch Radio wirken bei ein oder derselben Person völlig unterschiedlich. Es macht doch unbestreitbar einen Unterschied, ob ich Radio konzentriert bei der Autofahrt oder nebenbei beim Kochen höre. Und auf der anderen Seite: Auch Online hat völlig unterschiedliche Leistungswerte – die deutschen Publisher andere als etwa Google. Für den Markt – die Agenturen und Kunden – ist unsere differenzierte Ausweisung also kein Novum. Im Gegenteil: Für die Spezialagenturen ist das ein wesentliches Kompetenzfeld.

Wäre eine gemeinsame übergeordnete Währung für die Außenwerbung also nicht wünschenswert?

Thäsler: Ja und nein. Das ist ein klassischer Zielkonflikt: Währungen, die Parameter wie die Wahrnehmungssituation abbilden, sind härter und verlässlicher – gleichzeitig fördern sie die Granularität. Auf einer abstrakten Ebene ließe sich das mittelfristig per Datenfusion in einer Intermedia-Datei abbilden.

Das FAW-Planungstool von medimach weist künftig auch die ma Out of Home aus. Wird es im kommenden Jahr auch die weiterentwickelte Private & Public Screens-Studie berücksichtigen?

Thäsler: Beide kommen aus völlig unterschiedlichen Welten, beide haben ihre Berechtigung: Die ma Out of Home fußt ja wesentlich auf der klassischen ma Plakat und damit dem Leistungswert Plakatseher pro Stelle (PpS), die digitalen Outdoorflächen messen wir über die Impressions per Spot (IPS). Zumindest auf Kontaktbasis lässt sich eine Vergleichbarkeit herstellen. Das DMI entwickelt seinen Reichweitenstandard wiederum mit der agof weiter – der Arbeitsgemeinschaft Onlineforschung. Er bedient sich der Buchungsmechanismen des aus der Online-Mediawelt bekannten programmatischen Einkaufs und ist touchpointbezogen. Wir kommen aus unterschiedlichen Ecken – gehen aber in die gleiche Richtung.

Wo treffen sich die beiden?

Thäsler: Der Löwenanteil wird immer noch in klassische Plakatwerbung investiert. Aber klar: Die Dynamik ist im digitalen Bereich eine andere – vor allem Programmatic ist und wird künftig noch viel stärker ein Wachstumstreiber sein.

Wie geht es jetzt konkret weiter?

Thäsler: Man muss das klar betonen: Wir reduzieren jetzt ja schon die Komplexität erheblich. Statt drei wird es künftig nur zwei Währungen geben – eine anbieterunabhängige Messung für den Outdoor- und eine für den Indoor-Bereich. Mittelfristig sehe ich ein in sich vergleichbares Währungssystem: Das bekommt vor allem dann Relevanz, wenn auch das klassische Plakat – im Rahmen der Möglichkeiten – programmatisch eingekauft werden kann.

 

¹ Ende September wurde die ma Plakat in die ma Out-of-Home überführt. Hintergrund der Umbenennung ist die Tatsache, dass digitale Screens mit ihren bewegten Bildern und wechselnden Inhalten in der Außenwerbung eine immer größere Rolle spielen. In der neuen ma Out of Home werden deshalb erstmals auch stunden- und tagesbasierte Werte für die digitalen Werbeflächen im öffentlichen Raum veröffentlicht.
Derzeit werden zudem die Möglichkeiten für eine Reichweitenerhebung für DOOH im Indoor-Bereich ausgelotet. Dazu werden in Kürze agof und Digital Media Institute in eigens geschaffenen Projektgruppen Gespräche aufnehmen. Ziel ist es auch, einen einheitlichen Mediastandard zu etablieren.

 

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